Instrumente sind auch nur Menschen
Obertonkonzert faszinierte mit variationsreichen und ungewöhnlichen Klängen
(Bericht der HNA vom 28. Mai 08 Nicola Uphoff-Watschong)
Lippoldsberg. Der Titel ist für Obertonsänger Reinhard Schimmelpfeng (Bremen) Programm. Auch wenn er durchaus ganz allein mehrstimmige Gesänge erklingen lassen kann, greift er doch gerne auf seine "Kollegen", obertonreiche Instrumente aus aller Welt zurück.
Achtsam geht er mit ihnen um, nicht nur in der Handhabung. Er begrüßt sie, stellt sie vor, lauscht ihren Klängen und beginnt ein musikalisches Gespräch mit ihnen. Nach jedem Stück verweist er dankend auch auf die Instrumente, die er mit freundlichen, aber deutlichen Worten vor neugierigen Zugriffen der Zuhörer zu schützen weiß. Sie seien schließlich auch nur Menschen, die sich nicht gerne von jedermann beklopfen lassen.
Aus eins mach drei - als Obertonsänger kann Reinhard Schimmelpfeng
ganz allein mehrstimmig singen, grad so, als sänge er ein Terzett
mit seinen Schatten. Dazu spielt er gleichzeitig verschiedene Instrumente.
Stimme, chinesische Windharfe, australisches Didgeridoo, indische Tambura, slowakische Obertonflöte und Symphonic-Gong haben aber noch mehr gemeinsam - sie alle geben nur Grundtöne vor, archaische Laute, über denen sich hell pfeifende, sphärische Klangmuster entfalten können.
Einige Zuhörer hatten in einem vorausgehenden Workshop selbst die Erzeugung von Obertönen mit Vokalen und besonderer Mundformung erproben können. Das sei zunächst sehr ungewohnt gewesen und müsse genauso geübt werden, wie "normaler" Gesang, berichtete Elisabeth Artelt, Kantorin an der Klosterkirche. Sich beim Konzert den Klängen einfach hinzugeben, sei dagegen eine wunderbare Entspannung.
Im Duett zwischen Obertonsänger Reinhard Schimmelpfeng
und seinem Symphonic-Gong entstanden ineinander verwobene
Klänge, die Erdschwere und himmlische Leichtigkeit verbanden.
Schimmelpfeng regte während des Konzertes an, auch andere Plätze zum Zuhören zu erkunden. Die Besucher verteilten sich in der ganzen Kirche, manche lagen auf den Kirchenbänken und empfanden die über ihnen dahinfliegenden Gesänge wie eine Seelenmassage. "Obertonreiche Musik steht oft im Zusammenhängen mit religiösen Riten, zum einen wohl, weil etwas Heilsames von diesen Klängen ausgeht, aber auch weil sie - wie die Kirchenmusik - Musik zum Mittun ist", so führte Pfarrer Trappe zu Beginn des faszinierenden Konzertes ein.
Er stellte den Künstler als freien Kirchenmusiker vor, der sich zwar der alten Musik verbunden fühle, aber auch neue Wege gehe. Schimmelpfengs musikalische Wurzeln entspringen kirchlicher Tradition. Er lernte Trompete, Posaune, Gesang und Orgel in Hephata. Zehn Jahre arbeitete er bei der Bremischen Evangelischen Kirche als Referent für musisch-kulturelle Bildung. Seine jetzige Arbeit als freier Musiker in dieser außergewöhnlichen Klangwelt ist kein Bruch, sondern eine folgerichtige Weiterentwicklung.
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