Mit Johann Sebastian Bach in der Zeitmaschine
Jazz-Konzert für Orgel und Trompete füllte die Klosterkirche Lippoldsberg mit neuen Klängen
(Bericht der HNA vom 2. September 12 - Nicola Uphoff-Watschong)
Bachkenner und Jazzfreunde: Johannes Gebhardt (links) und Daniel Schmahl
traten mit ihrem neuen Programm "Chattin' with Bach"
in der Klosterkirche Lippoldsberg auf.
Lippoldsberg. Ob J.S. Bach, würde er heute leben, wohl die neuen Medien genutzt hätte, um mit Musikerkollegen zu chatten, seine Musik via PC einzuspielen und jede Menge Klicks auf Youtube zu bekommen? Das werden wir nie erfahren.
Mit Sicherheit aber hätte er seinen Spaß gehabt beim Konzert mit dem Duo Johannes Gebhardt (Orgel) und Daniel Schmahl (Trompete und Flügelhorn). Ihr Programm "Chattin' with Bach" bildete eine Art Zeitschleuse, in der die perfekten Vorlagen des alten Meisters auf die Kreativität der beiden Musiker trafen. Das Ergebnis: eine kaum zu entflechtende Melange aus Klassik und Jazz in Kompositionen, die aus der Feder des Organisten Johannes Gebhardt stammten.
Natürlich spielte er auch reinen, unverfälschten Bach, viel spannender und unterhaltsamer aber gestalteten sich die schrägen Ideen, die das Stück "Base of Bach" durchzogen wie eine neue Lebensader.
Dichter am Original klang ein "Angus Dei", dessen ruhig dahinschreitenden Bässen die Trompete im Wechsel mit dem Flügelhorn eine schlichte, choralartige Melodie hinzufügte.
Als weitere "User" betraten auch Duke Ellington und Juan Tizol den Chatraum. Sie brachten ihre Komposition "Caravan" ein, der Daniel Schmahl in phantasievollen Improvisationen dramatische Zuspitzungen verlieh, ohne die dem Stück eigene kamelschaukelige Leichtigkeit zu verlieren.
Wo zwischen dem folgenden Bachchoral "Jesu meine Freude" und dem modernen "Jesus Groove" die Grenze lag, ließ sich anfangs nur erahnen. Das eingängige Choralthema griffen Schmahl und Gebhardt auf und verwandelten es geschickt in etwas vollkommen Neues.
Anschließend entlockte Gebhardt seinem Instrument in einer weich fließenden Fantasie und einer spannungsreichen Fuge wunderbar romantische Klänge. Den Abschluss bildete eine "Toccata in 7" (im 7/8 Takt), die neben dem interessanten Rhythmus der recht widerspenstigen Orgel und ihren Registern alles abverlangte. Bodenständiger Sound war ebenso zu hören wie flirrende, schwebende Sequenzen.
Bei der stürmisch verlangten Zugabe wurde noch einmal deutlich, was die beiden hervorragenden Musiker als Duo besonders auszeichnet: Sie sind 100% aufeinander eingespielt. Orgel und Trompete verschmolzen förmlich miteinander, tauchten miteinander in musikalischen Strudeln ab und kamen mit dem Thema des Chorals "Wachet auf, ruft uns die Stimme" immer wieder überraschend an die Oberfläche.
"Das ist tolle Musik, die man aber nicht gleich beim ersten Mal Hören verdaut", sagte eine Besucherin und nahm deshalb die neue CD des Duos mit.
[ Aktuell | Kulturtermine Jahresprogramm ]
[ Archiv 2023/2022 | Archiv 2021/2020 | 2019 | 2018 | 2017 | 2016 | 2015 | 2014 | 2013 | 2012 | 2011 | 2010 | 2009 | 2008 | 2007 | 2006 | 2005 | 2004 ]