Endpunkt und Neuanfang im Jahreskreis
Orgelkonzert zum Ewigkeitssonntag in der frisch renovierten Klosterkirche
(Bericht der HNA vom 28. November 07 - Christian Trappe)
LIPPOLDSBERG. Nach monatelangen Bauarbeiten konnte die Klosterkirche am vergangenen Wochenende zum ersten Mal wieder genutzt werden. Das mittelalterliche Bauwerk präsentierte sich dabei schon von außen in neuem Licht.
Im Innern lenkte eine Reihe zusätzlicher Scheinwerfer die Aufmerksamkeit auf die frisch renovierte Gewölbedecke, die eine bauhistorische Besonderheit darstellt - gilt doch die Lippoldsberger Basilika als die erste vollständig eingewölbte Großkirche in Norddeutschland.
Das Konzert zum Ausklang des Kirchenjahres wurde instrumental von Orgel und Posaune bestritten, die die Höhen und Tiefen des Lebensweges darstellten. Dem virtuosen Orgelspiel der Lippoldsberger Kantorin Elisabeth Artelt standen die weichen, aber kraftvoll anschwellenden Posaunenklänge von Albrecht Schmücker gegenüber, der allerdings nicht an allen Stellen überzeugen konnte.
Strahlend und wie ein Fingerzeig auf das göttliche Licht mitten in der Dunkelheit erklangen Sonaten und ein Concerto Grosso von Antonio Vivaldi. Doch im Zentrum des Abends stand das Orgelstück des Esten Arvo Pärt, dem es wie keinem zweiten zeitgenössischen Komponisten gelingt, die Stille und Tiefe der alten Kirchenmusik in Klänge unserer Gegenwart zu übertragen.
Gedanklich lagen diesem Stück einige Zeilen des jüdischen Dichters Edmond Jabés zugrunde:
Mein Weg hat große Stunden, Stöße und Schmerzen,
Mein Weg hat Gipfel und Wellentäler,
Sand und den Himmel.
Der meine und der deine.
Mit diesem Konzert ging auch das Kirchenjahr zu Ende. Pfarrer Trappe führte zu Beginn in das Wesen des Jahreskreises ein: "Es beginnt mit der Schöpfung, die sich stets vorbereitet in einem adventlichen Dunkel, in der tastenden Ahnung der Vorbewussten: Was soll da werden? Wie ein langer Reigen von Tagen, die den Weg des Lebens nachzeichnen mit all seinen Gipfeln und Wellentälern führt der Weg schließlich hin zu den dramatischen letzten Tagen: Tod und Trauer haben ihre Zeit, bis dann - ganz zum Schluss - das Licht der Ewigkeit hervorbricht."
In diesem Konzert sollte die Ewigkeit Raum haben. Besser noch als Worte konnte die Musik ausdrücken, dass Ewigkeit keine endlos lange Zeit ist, die sich nach unserem Tode in ewiger Langeweile erstreckt. Ewigkeit, so stand zwischen den Notenzeilen, ist keine Quantität, sondern eine andere Qualität von Leben. Jeder wirklich tief erfahrene Moment unseres Lebens - sei er schmerzhaft oder schön - kann diese Qualität haben.
Darum gab es in diesem Konzert keine neuen Bilder vom Paradies oder der himmlischen Herrlichkeit, sondern nur Klänge, die wie eine Firnis auf dem Gemälde unseres Lebens den Erfahrungen des vergangenen Jahres Glanz und Tiefe geben konnten.
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