Happy-End mit Rütli-Schwur
Rollwagen reiste zum Saisonauftakt durch Schillers Europa
(Bericht der HNA vom 4. April 06 - Jörg Nolte)
Freiheits-Schwur: Brunhild und Jörg Falkenstein vom Theater Rollwagen
© Jörg Nolte
LIPPOLDSBERG. Wenn Maria Stuart die Jungfrau von Orleans trifft, sich Wallenstein und Wilhelm Tell ein Stelldichein geben und die Räuber einen Hinterhalt legen, dann ist der große Dichter Friedrich von Schiller im Spiel. So war es auch am Samstag in der Lippoldsberger Winterkirche. Dort startete das Theater Rollwagen in seine 25. Saison und bot eine kurzweilige Reise mit Schiller durch Europa.
Brunhild und Jörg Falkenstein entführten das Publikum eindrucksvoll in Schillers Welt und unternahmen einen Streifzug durch seine literarischen Werke. Viel brauchten die beiden Schauspieler nicht, um die Schillerschen Passagen großartig in Szene zusetzen: Zwei Stühle, eine vier Quadratmeter große Bühne, ein spartanisches Bühnenbild. Ansonsten vertrauten sie auf die Macht der Worte, große Gestik und feine Mimik.
"Schillers Stücke sind der Reiseführer und wir sind die Reiseleiter", erklärte Brunhild Falkenstein zu Beginn. Es sei keine Bildungsreise, die man unternehmen wolle, sondern eher eine Einbildungsreise. Das Unternehmen glückte: Durch ausdrucksstarkes Schauspiel entfaltete sich eine knisternde Atmosphäre. Die Falkensteins machten das Gesagte erlebbar.
Nun ist der Schillersche Stoff nicht gerade einfach. Dramen, Tragödien, Trauerspiele. Geschichtliche Hintergründe, aufklärerische Intentionen. Dem Rollwagen-Duo gelang es, das facettenreiche Gesamtwerk des Dichters in kleinen, gut gewählten Ausschnitten unterhaltsam zu präsentieren – ohne dass die Dramaturgie verloren ging.
Die Reise führte von Deutschland mit den Stücken "Die Räuber" und "Kabale und Liebe" über Italien ("Die Verschwörung des Fiesco zu Genua" und "Die Braut von Messina") nach Spanien, wo Schillers Drama "Don Carlos" spielt. Nach Abstechern nach England ("Maria Stuart") und Frankreich ("Die Jungfrau von Orleans") führte der Weg wieder zurück ins Deutschland des Dreißigjährigen Krieges: Ein Besuch beim zweifelnden Feldherren "Wallenstein" war angesagt.
Zuletzt machte man Station in der Schweiz. Waren die ersten acht Ausschnitte noch von Schicksalsschlägen der handelnden Personen geprägt, kam es hier zum Happy-End. "Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern", rezitierten die Falkensteins zum Abschluss den Rütli-Schwur aus Schillers "Wilhelm Tell". Dieser historisch nicht belegte Freiheits-Schwur aus dem Jahr 1291 gilt den Schweizern als Anfangspunkt der Befreiung von der habsburgischen Fremdherrschaft - daher auch der Name Eidgenossen.
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