Drittletzter Sonntag im Kirchenjahr - Vergänglichkeit
Der drittletzte Sonntag des Kirchenjahres eröffnet eine Zeit, in der die leidvollen Themen des Herbstes noch einmal zugespitzt werden. Die Christen, die sich im Leben wie im Sterben mit Gott verbunden wussten, haben sich seit jeher gegen die naheliegende Versuchung einer Verdrängung des Todes gewandt.
Aus dem Todesbewusstsein (memento mori) entwickelte sich zuweilen Lebensweisheit, die auch eine Kunst des Sterbens (ars moriendi) umschloss, zuweilen aber auch morbides Schwelgen in Vergänglichkeit (vanitas).
Klosterruine - Caspar David Friedrich
Biblische Lesung
aus Psalm 90
Tod und Edelfrau - Basel
Herr, du bist unsre Zuflucht für und für.
Ehe denn die Berge wurden und die Erde
und die Welt geschaffen wurden,
bist du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Der du die Menschen lässest sterben
und sprichst: Kommt wieder, Menschenkinder!
Denn tausend Jahre sind vor dir
wie der Tag, der gestern vergangen ist,
und wie eine Nachtwache.
Du lässest sie dahinfahren wie einen Strom,
sie sind wie ein Schlaf,
wie ein Gras, das am Morgen noch sprosst
und des Abends welkt und verdorrt.
Tod und Edelfrau - Basel
Unser Leben währet siebzig Jahre,
und wenn's hoch kommt,
so sind's achtzig Jahre,
und wenn es köstlich war,
dann ist Mühe und Arbeit gewesen;
doch es fähret schnell dahin,
als flögen wir davon.
Das macht dein Zorn,
dass wir so vergehen, und dein Grimm,
dass wir so plötzlich dahin müssen.
Wer glaubt's aber,
dass du so sehr zürnest,
und wer fürchtet sich vor dir
in deinem Grimm?
Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen,
auf dass wir klug werden.
Interpretation
Mozart - Unvollendetes Olgemalde
von Joseph Lange
Da der Tod der wahre Endzweck unseres Lebens ist, so habe ich mich seit ein paar Jahren mit diesem wahren, besten Freunde des Menschen so bekannt gemacht, dass sein Bild nicht allein nichts Schreckendes mehr für mich hat, sondern recht viel Beruhigendes und Tröstendes!
Ich lege mich nie zu Bette, ohne zu bedenken, dass ich vielleicht, so jung ich bin, den anderen Tag nicht mehr sein werde - und es wird doch kein Mensch sagen können, dass ich im Umgang mürrisch oder traurig wäre - und für diese Glückseligkeit danke ich alle Tage meinem Schöpfer und wünsche sie von Herzen jedem meiner Mitmenschen.
(W.A. Mozart: Brief an seinen Vater vom 4. April 1787)
Lied
Ach wie flüchtig, ach wie nichtig (EG 528)
1. Ach wie flüchtig, ach wie nichtig ist der Menschen Leben!
Wie ein Nebel bald entstehet und auch wieder bald vergehet,
so ist unser Leben, sehet!
2. Ach wie nichtig, ach wie flüchtig sind der Menschen Tage!
Wie ein Strom beginnt zu rinnen und mit Laufen nicht hält innen,
so fährt unsre Zeit von hinnen.
3. Ach wie flüchtig, ach wie nichtig ist der Menschen Freude!
Wie sich wechseln Stund und Zeiten, Licht und Dunkel, Fried und Streiten,
so sind unsre Fröhlichkeiten.
4. Ach wie nichtig, ach wie flüchtig ist der Menschen Schöne!
Wie ein Blümlein bald vergehet, wenn ein rauhes Lüftlein wehet,
so ist unsre Schöne, sehet!
5. Ach wie flüchtig, ach wie nichtig ist der Menschen Glücke!
Wie sich eine Kugel drehet, die bald da, bald dorten stehet,
so ist unser Glücke, sehet!
6. Ach wie nichtig, ach wie flüchtig sind der Menschen Schätze!
Es kann Glut und Flut entstehen, dadurch, eh wir uns versehen,
alles muß zu Trümmern gehen.
7. Ach wie flüchtig, ach wie nichtig ist der Menschen Prangen!
Der in Purpur hoch vermessen ist als wie ein Gott gesessen,
dessen wird im Tod vergessen.
8. Ach wie nichtig, ach wie flüchtig sind der Menschen Sachen!
Alles, alles, was wir sehen, das muss fallen und vergehen.
Wer Gott fürcht', wird ewig stehen.
Text und Melodie: Michael Franck 1652
Geschichte
Der Hirte am Ende der Welt
Ein Hirte bewohnte eine kleine Hütte am Ende der Welt. Jeden Morgen führte er seine Herde auf eine weite Wiese, die bis an den Fluss heranreichte. Der Fluss aber bildete die Grenze zum Totenreich.
Während der Schäfer seine Tiere hütete, sah er oft dem Tod zu, wie er einen Menschen über den Fluss ins Totenreich hinüberbrachte. Die meisten Menschen sperrten sich dagegen, und der Tod hatte seine Plage mit ihnen.
Totentanz
Einer klammerte sich an eine schwere Geldkiste. Aber der Tod zog ihn mit sich fort auf die Fähre. Und die Kiste polterte hinterher, bis sie im Fluss versank.
Eine Frau wurde von ihrem Mann und einer großen Kinderschar festgehalten. Aber der Tod zog sie fort, und schließlich musste die Familie sie loslassen, um nicht selbst im Wasser unterzugehen.
Auch ein Gelehrter aus der Stadt wurde heranführt. Mit gewichtigen Worten redete er auf den Tod ein: Er stünde kurz vor einer bahnbrechenden Entdeckung, die die Welt retten könne. Und der Tod solle ihn doch noch für eine Weile verschonen, bis.... Aber der Tod hörte nicht und nahm ihn mit.
Tod und alter Mann
Eines Tages tippte der Tod auch unserem Hirten auf die Schulter. Der sah sich um, stand auf und sagte: Ich bin bereit, lass uns gehen." Er hatte lange genug herübergeschaut in das Land des Todes. Darum hatte er auch keine Angst mehr vor dem Tod...
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