17. Sonntag nach Trinitatis
Von der Kraft den Glaubens
Gedanken
Der Glaube ist ein Vogel, der singt,
wenn die Nacht noch dunkel ist. (Paul David Devanandan)
Evangelium
Die kanaanäische Frau (Mt 15, 21-28)
Jesus zog sich zurück in die Gegend von Tyrus und Sidon.
Und siehe, eine kanaanäische Frau kam aus diesem Gebiet und schrie:
Ach Herr, du Sohn Davids, erbarme dich meiner!
Meine Tochter wird von einem bösen Geist übel geplagt.
Er aber antwortete ihr kein Wort.
Da traten seine Jünger zu ihm, baten ihn und sprachen:
Lass sie doch gehen, denn sie schreit uns nach.
Er antwortete aber und sprach:
Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.
Sie aber kam und fiel vor ihm nieder und sprach: Herr, hilf mir!
Aber er antwortete und sprach:
Es ist nicht recht,
dass man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde.
Sie sprach: Ja, Herr; aber doch fressen die Hunde von den Brosamen,
die vom Tisch ihrer Herren fallen.
Da antwortete Jesus und sprach zu ihr:
Frau, dein Glaube ist groß. Dir geschehe, wie du willst!
Und ihre Tochter wurde gesund zu derselben Stunde.

Die kanaanäische Frau - Echternacher Codex aureus, 1020-1030
Interpretation
Abgesehen von der von der Borniertheit Jesu, die ihn in dieser Geschichte fremd erscheinen lässt, bzw. dem Umstand, dass auch er manchmal dazulernen muss, ist vor allem der "Glaube" der Frau bemerkenswert.
Da die Kanaaniterin nicht - wie Jesus und die Jünger - der jüdischen Religionsgemeinschaft angehört, kann ihr Glaube nichts mit korrekten theologischen Lehrmeinungen zu tun haben. Ihr Glaube äußert sich eher in der Liebe zu ihrem Kind und in einem unbeugsamen Vertrauen, das stärker ist als die Furcht vor Demütigungen.
Der Glaube, von dem Luther gesagt hat, dass er allein selig zu machen vermag, ist keine Sache des Kopfes. Oft geriet Gott im Protestantismus zum Zerrbild eines Oberlehrers, der diejenige huldvoll belohnt, die das rechte Bekenntnis hersagen können: "Sobald der Katechismus klingt, die Seele in den Himmel springt." Doch so ist kein Glaube, der lebendig macht.
Lebendiger "Glaube" ist eine innere Haltung, unsere Lebenseinstellung. Zwar können religiöse Vorstellung mir helfen, mich in die richtige Lebenshaltung zu bringen, aber dazu muss ich mich darauf einlassen.
Dann kann aus dem unsichtbaren Nichts des Glauben eine Kraft erwachsen, die Berge versetzt. Denn tatsächlich ist es die innere Haltung, die letztlich entscheidet, wie wir die Welt wahrnehmen und wie wir in der Welt wirken.
Kontext
Zu Herrn K. kam ein Philosophieprofessor und erzählte ihm von seiner Weisheit.
Nach einer Weile sagte Herr K. zu ihm:
"Du sitzt unbequem,
du redest unbequem,
du denkst unbequem."
Der Philosopieprofessor wurde zornig und sagte:
"Nicht über mich wollte ich etwas wissen,
sondern über den Inhalt dessen, was ich sagte."
"Es hat keinen Inhalt", sagte Herr K.
"Ich sehe dich täppisch gehen,
und es ist kein Ziel,
das du, während ich dich gehen sehe, erreichst.
Du redest dunkel,
und es ist keine Helle,
die du während des Redens schaffst.
Sehend deine Haltung,
interessiert mich dein Ziel nicht."
(aus: Berthold Brecht: Geschichten von Herrn Keuner)
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