Okuli
3. Sonntag der Passionszeit
Der Sonntagsname "Okuli" (Meine Augen) stammt aus Psalm 25,15: "Meine Augen sehen stets auf den Herrn, denn er wird meinen Fuß aus dem Netze ziehen."
Evangelium
Jesus ruft in die Nachfolge (Lk 9,57-62)
Als sie auf dem Wege waren, sprach einer zu Jesus:
Ich will dir folgen, wohin du gehst.
Und Jesus sprach zu ihm: Die Füchse haben Gruben,
und die Vögel unter dem Himmel haben Nester;
aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege.
Und Jesus sprach zu einem andern: Folge mir nach!
Der sprach aber: Herr, erlaube mir,
dass ich zuvor hingehe und meinen Vater begrabe.
Aber Jesus sprach zu ihm: Lass die Toten ihre Toten begraben;
du aber geh hin und verkündige das Reich Gottes!
Und ein andrer sprach: Herr, ich will dir nachfolgen;
aber erlaube mir zuvor, das ich Abschied nehme von denen,
die in meinem Haus sind.
Jesus aber sprach zu ihm:
Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück,
der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.
Interpretation
Geprägt durch Bilder aus biblischen Geschichten sehen wir Jesus immer in einer Traube von Anhängern, die ihm nachfolgen, wie Entenküken ihrer Mutter folgen.
Nachfolge bedeutet aber nicht, Jesus nachzuahmen, in unseren Entscheidungen stets auf sein Vorbild zu schielen und dabei immer fremdbestimmt zu bleiben.
Jesus wollte seine Jünger nicht als ewige Schüler, sondern als Menschen, die selbst den Weg des Lebens gehen, die selbst eintreten in seine Haltung der Freiheit.
Dazu braucht es nicht ängstliche Nachfolger, sondern Menschen mit Mut zu eigenen Entscheidungen und der Bereitschaft, auch unangenehme Konsequenzen zu tragen.
Denn "Leben ist Leiden" - das hatte schon Buddha gesagt. Und das hat auch Jesus immer wieder betont. Leiden ist dabei keine Fixierung auf leidvolle Aspekte. Das wird besonders deutlich bei Jesu skandalösem Satz:
"Lass die Toten ihre Toten begraben."
Man kann aus diesem Wort keine prinzipielle Absage an alle Trauerkultur ableiten. Jesus weiß, dass es Zeiten im Leben gibt, in denen man sich mit dem Tod auseinandersetzen muss. Aber er weiß auch, dass die Gefahr besteht, sich in Probleme und Traumata zu verkrallen. Trauer hat ihre Zeit, aber sie ist nicht das Letzte; es gibt auch eine Zeit, daraus aufzubrechen.
"Leiden" in einem spirituellen Sinn ist weiter, eher im Sinne von "Passivität" zu verstehen. Es ist trügerisch, zu meinen, das Leben durch unser Tun in den Griff bekommen zu können. Alle Sicherheiten, die wir um uns aufbauen, trennen uns vom Leben. Wer wirklich lebendig werden will, muss zu einem Tanz mit Gott bereit sein, der uns in alle Höhen, aber auch in alle Tiefen führt.
Croagh Patrick - Heiliger Berg und Pilgerstätte in Irland
Gedanken
Christus ist der Weg.
Nachfolge ist Bewegung,
nicht: Verharren auf Standpunkten. Bernhard Scholz
Gedicht
Jakobsmuschel
Symbol der Pilgerer nach
Santiago de Compostela
Mit leichtem Gepäck
Gewöhn dich nicht.
Du darfst dich nicht gewöhnen.
Eine Rose ist eine Rose;
aber ein Heim
ist kein Heim.
Sag dem Schoßhund Gegenstand ab,
der dich anwedelt
aus den Schaufenstern.
Er irrt.
Du riechst nicht nach Bleiben.
Ein Löffel ist besser als zwei.
Häng ihn dir um den Hals,
du darfst einen haben,
denn mit der Hand
schöpft sich das Heiße zu schwer.
Es liefe der Zucker
dir durch die Finger,
wie der Trost,
wie der Wunsch,
an dem Tag,
da er dein wird.
Du darfst einen Löffel haben,
eine Rose,
vielleicht ein Herz
und, vielleicht,
ein Grab.
Hilde Domin
Lied
Kommt, Kinder, laßt uns gehen EG 393, 4
Man muss wie Pilger wandeln,
frei, bloß und wahrlich leer;
viel sammeln, halten, handeln
macht unsern Gang nur schwer.
Wer will, der trag sich tot;
wir reisen abgeschieden,
mit wenigem zufrieden;
wir brauchen's nur zur Not.
Gerhard Tersteegen 1738
[ Zurück zu "Zeiten" | weiter ]