Gong
Glocke und Klangkörper
[ Übersicht | Klangstelen | Orgel | Gong ]
Wir haben uns daran gewöhnt, Kirchenglocken nur noch als Zeitzeichen zu hören. Bei denen scheint es vor allem wichtig zu sein, dass sie pünktlich ertönen. Dazu werden sie heut von Uhren gesteuert und von Motoren angetrieben. Darüber haben wir fast vergessen, dass Glocken auch Musikinstrumente sind. Mächtige obertonreiche Klangkörper, die zu bedienen früher einmal Technik und Feingefühl verlangte.
Seit fast 1500 Jahren gehören sie so selbstverständlich zu unserer religiösen Tradition gehören wie das Amen in der Kirche.
Wir wollen ein Instrument vorstellen, das, obwohl mit den Glocken nahe verwandt, in der Kirche noch fremd ist. Der Gong ist ursprünglich eher in den fernöstlichen Religionen zuhause.
Klosterkirche Lippoldsberg
Zum Hören den Gong mit dem Cursor "schlagen"
Unsere Kirchengemeinde hat 2001 zwei Gongs für die Klosterkirche erworben, weil wir meinen, dass der Gongklang sehr gut in den gewölbten Raum passt.
Gongtöne sind anders.
Sie entstehen langsam,
sie schwellen an, entfalten sich,
gipfeln auf in gewaltigen Crescendi,
verlaufen sich wieder
und verschweben ganz langsam in der Stille.
Klangbeispiel: Gong - Glocken
Diese Langsamkeit entspricht dem klösterlichen Geist, aus dem heraus diese Basilika einst gebaut wurde. Es ist ein Geist, der Kraft entfalten kann, weil er in der Stille wurzelt. Der Gesang der Mönche und Nonnen ist auf Nachhall hin komponiert. Die Menschen singen einen Ton - und lauschen ihm nach, sie erleben wie das Gebäude ihn aufnimmt und weiterträgt und verwandelt zurückgibt.
Solche Musik ist stets ein Dialog mit dem Unverfügbaren,
mit dem, was wir nicht machen können,
mit dem, was größer ist als wir -
mit Gott.
Für unsere Ohren ist dies freilich ungewohnt und wie alles Neue fremd und verunsichernd, nichts Fertiges, sondern ein Experiment. Aber Gott hat die Menschen immer herausgefordert, das Unbekannte zu wagen, das Neue zu suchen, wie es in den Psalmen heißt:
Singt dem Herrn ein neues Lied:
Lobet ihn mit Posaunen,
lobet ihn mit Psalter und Harfen!
Lobet ihn mit Pauken und Reigen,
lobet ihn mit Saiten und Pfeifen!
Lobet ihn mit hellen Zimbeln,
lobet ihn mit klingenden Zimbeln!
Und jetzt auch - mit Gongs
Alles, was Odem hat, lobe den HERRN!
Gong-Klänge sind eigen, sie lassen sich nicht sauber aufnotieren, weil sie sich nicht so zergliedern lassen wie unsere westliche Musik. Der Gongton ist eine Einheit, ohne rechten Anfang und ohne klares Ende, eine Einheit, die aber in sich in Bewegung ist, sich ständig wandelt.
Gerade darum schätzt man den Gong in den fernöstlichen Religionen: Weil er unser trennendes Denken überwindet und alles verbindet. Wir hören diesen machtvollen Klang nicht nur mit den Ohren, sondern er hüllt uns ganz ein, geht durch und durch. Und zumindest für Augenblicke löst er die Trennung auf zwischen Innen und Außen, zwischen unserem Ich und der Welt.
Diese Überwindung des Getrenntseins anzustoßen, ist Ziel aller Religionen. Aber dieses Ziel ist nicht leicht zu erreichen, sondern bedarf langer Übung.
Es ist nun nicht unser Ziel, abendfüllende Gong-Konzerte zu veranstalten. Die Gongs werden vielmehr eine Stimme in unseren Konzerten sein. Und sie werden zu bestimmten Festen im Gottesdienst erklingen. Denn welcher Ton vermag treffender als der Gong-Klang das Wirken des Geistes Gottes ausdrücken, von dem es in der Pfingstgeschichte heißt:
Als sie alle an einem Ort beieinander waren,
da geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel
wie von einem gewaltigen Wind
und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen...
Klosterkirche Lippoldsberg - Gong
Gongklänge können gewaltsam ins Ohr dringen, fast zu mächtig, um sie zu ertragen. Aber so, wie sie in unserer Kirche erklingen, kann sich der Zuhörer hineinfinden, kann sich mitnehmen lassen. Die Töne kommen und schwinden wieder, man kann sie nicht festhalten. Laut und leise, mächtig und zart, unerträglich und werbend - ein Wechselspiel von Schwingung.
Klangbeispiel: Gong - Das Brausen
Lao-Tse: Tao Te King, 2.Spruch
Wenn jeder weiß, das Schöne ist schön - schon ist das Häßliche da.
Wenn jeder weiß, das Gute ist gut - schon ist das Böse da.
Denn:
Sein und Nichtsein erzeugen einander,
Schwer und Leicht bedingen einander,
Hoch und Tief entstreben einander,
Vorher und Nachher folgen einander.
So aber der Weise:
Er beharrt im Tun des Nicht-Tun
und lebt die wortlose Lehre.
Abertausend Wesen treten hervor
und er weicht nicht davon ab.
Er erzeugt und besitzt nicht.
Er wirkt und hängt nicht daran.
Ist das Werk getan, verweilt er nicht dabei.
Eben weil er nicht verweilt, ist nichts, das ihm entgehet.
Jesus Christus spricht:
Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl;
aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt.
So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist. Joh 3,9
GenZa, ein buddhistischer Meister
verweilte bei einer Belehrung so lange im Schweigen,
dass die Schüler annahmen, er würde nichts mehr sagen.
Als sie die Versammlungshalle verließen, rief der Meister ihnen nach:
Wenn ich meine Lippen öffne, versammelt ihr euch,
um meine Worte aufzufangen
Wenn ich meine Lippen schließe, um euch zu belehren, lauft ihr fort.
So werdet ihr in der Tat unglücklich werden.
Ein Koan
Eine der Meditationsaufgabe des Zen-Buddhismus, lautet:
Wenn du auslöschst Sinn und Ton, was hörst du dann?
Gebet des Jazz-Saxophonisten John Coltrane: Love Surpreme
Gott ist. Er war seit je. Er wird immer sein.
Worte, Klänge, Menschen, Erinnerungen
Gedanken, Angst, Zeit.
Es ist alles miteinander verwandt.
Es ist alles durch den Einen gemacht.
Gesegnet sei dein Name!
Gedanken - Herzwellen - alle Schwingungen -
Alle Wege führen zu Gott.
Danke Dir, Gott.
Die Tatsache schon, dass wir existieren,
ist Beweis seiner Gegenwart.
Gott atmet durch uns so vollständig
Und doch so zart, dass wir es kaum fühlen.
Er ist alles, was wir sind.
Mögen wir niemals vergessen,
auch im Sonnenschein unseres Lebens,
im Sturm und im Regen:
Überall ist Gott.
Er ist auf allen Wegen
Und immer da.
Lob sei dir, Gott.