Exaudi
6. Sonntag nach Ostern
Der Höhrende - Toni Zenz
Der Name des Sonntags (Exaudi = Höre!) birgt keinen Inhalt, sondern eine Aufforderung zur Wahrnehmung.
Der Sonntags ist ein Art Adventssonntag vor Pfingsten, ein Tag der achtsamen Vorbereitung auf den Empfang des Heiligen Geistes.
Evangelium
(Apg 1,7-9)
Unmittelbar vor seiner Himmelfahrt sprach Jesus zu seinen Jüngern:
"Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen,
die der Vater in seiner Macht bestimmt hat;
aber ihr werdet die Kraft des heiligen Geistes empfangen,
der auf euch kommen wird,
und werdet meine Zeugen sein
in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien
und bis an das Ende der Erde."
Und als er das gesagt hatte, wurde er zusehends aufgehoben,
und eine Wolke nahm ihn auf vor ihren Augen weg.!
Interpretation
Die Erfahrung, die sich in der Himmelfahrts-Geschichte niedergeschlagen hat, ist zwiespältig: Bevor es den Schülern Jesu gelang, das Antlitz Christi in allen Dingen wiederzuentdecken, mussten sie lernen, das Alleingelassenwerden zu ertragen. Himmelfahrt bedeutet zunächst einen Verlust von Nähe, schmerzliche Gottferne, Abschied und Einsamkeit - und erst dann den Gewinn von Freiheit.
Die ersten Christen bewältigten diese Krise auf unspektakuläre Weise: Man blieb beieinander und verharrte im Gebet, so die Apostelgeschichte. Man tat also erst einmal gar nichts, ließ alles beim Alten und wartete still. Solch ein "Verharren im Gebet" war kein Abwarten, bis etwas Bestimmtes, genau Umrissenes eintritt, sondern eher die offene Haltung der Meditation:
Leer-Sein, still halten und schauen, was kommt,
Nicht-Weiter-Wissen, aber alles erwarten.
Solche Offenheit gilt in westlichen wie in östlichen Meditationstraditionen als Voraussetzung für das Erfülltwerden mit lebendiger Kraft.
Gedanken
Erst das Schweigen tut das Ohr auf für den inneren Ton in allen Dingen. (Romano Guardini)
Als mein Gebet immer andächtiger wurde,
da hatte ich immer weniger zu sagen.
Zuletzt wurde ich ganz still.
So ist es: Beten heißt nicht sich selbst reden hören,
beten heißt still werden und still sein und warten,
bis der Betende Gott hört. (Sören Kierkegaard)
Gebet
O gnadenreicher, heiliger Gott,
verleihe uns Weisheit, dich zu erkennen,
Verstand, dich zu verstehen,
Eifer, dich zu suchen,
Geduld, auf dich zu warten,
Augen, dich zu schauen,
ein Herz, über dich nachzusinnen,
und ein Leben, dich zu verkündigen
in der Kraft des Geistes
unseres Herrn Jesus Christus.
Benedikt von Nursia
Liturgisches Brauchtum
Der Sonntag Exaudi ist eingebettet in die sogenannte "Pfingstnovene" (das sind die 9 Tage zwischen Himmelfahrt und Pfingsten). Die Pfingstnovene gehört zu den vier "Quatemberzeiten" (neben der ersten Woche im Advent, in der Passionszeit und im Oktober), die Anstöße zur persönlichen Einkehr geben.
Mancherorts findet in dieser Zeit die "Gebetswoche für die Einheit der Christen" statt, eine Ausrichtung auf den ökumenischen Geist des Pfingstfestes.
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