Quasimodogeniti
1. Sonntag nach Ostern
Der geheimnisvolle Name Quasimodogeniti (Wie die neugebornen Kinder) ist als Rückbezug zur Taufe zu verstehen, die früher nur in der Osternacht stattfand und als Anfang eines neuen Lebens verstanden wurde. In der sich anschließenden Osterwoche (Osteroktav) wurden die Neugetauften in den sogenannten "mystagogischen Katechesen" tiefer vertraut gemacht mit den Sakramenten, die sie in der Osternacht empfangen hatten.
Der Sonntag nach Ostern bildete dann den Abschluss dieser intensiven Unterweisungszeit. Zum letzten Male trugen die Neugetauften im Gottesdienst das weiße Taufkleid, das sie am Sonntag Invokavit erstmals angelegt hatten. Von dieser Kleidersitte ist auch der Name "Weißer Sonntag" abgeleitet.
Konfirmation
Klosterkirche Lippoldsberg - Pfarrer Trappe mit Konfirmanden (2004)
Als man dazu überging, Kinder gleich nach ihrer Geburt zu taufen, löste sich der Brauch der österlichen Taufe auf. Die Praxis der Kindertaufe führte allerdings dazu, dass der Taufunterricht nachgeholt werden musste. Dabei gewann der weiße Sonntag als Abschluss dieser Untersweisungszeit neue Bedeutung. In der katholischen Kirche findet an diesem Termin die Erstkommunion statt, in der evangelische Kirche die Konfirmation.
Im volkskirchlichen Zusammenhang wird die Konfirmation heute weniger als Aufnahme in die Gemeinden, sondern als Entlassung ins Leben erfahren. Wenn man das bejaht, öffnet man den Weg für eine neue Zuwendung zu religiösen Grundeinstellungen in späteren Lebensabschnitten.
Konfirmation als Initiation »»
Evangelium
Thomas, der Zweifler (Joh 20, 24-29)
Thomas, der Zweifler
Thomas aber, der Zwilling genannt wird, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Da sagten die andern Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen.
Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich's nicht glauben.
Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen versammelt, und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch!
Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!
Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott! Spricht Jesus zu ihm: Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!
Interpretation
Der Evangelist Johannes stilisiert die einzelnen Jünger: Judas der Verräter, Johannes der Lieblingsjünger, Thomas der Zweifler. Thomas hat die Rolle, Fragen zu stellen, Einwände zu formulieren. So auch in Joh 14,4-6: "Herr, wir wissen nicht, wo du hingehst; wie können wir den Weg wissen?"
Mit seiner skeptischen Zurückhaltung ist Thomas zu einer Identifikationsfigur des modernen Menschen geworden. Verständlich, aber nicht unproblematisch. Denn in seinem Zweifel steckt auch etwas Zwanghaftes. Thomas kann nicht über den Schatten seines Verstandes springen. Aber unserer Verstand ist nicht die Welt, sondern nur ein beschränktes Mittel, uns in ihr zurechtzufinden.
"Wenn ich nur glaube, was ich sehe - aber natürlich nur sehe, was ich schon weiß - , dann glaube ich am Ende nur, was ich weiß. Das wäre das Ende geistiger Entwicklung." (Thomas der Zweifeler)
"Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt." Albert Einstein
Der kritische Verstand hat großen Wert, auch in der Religion. Sogenannte "religiöse" Menschen hören meist viel zu früh auf mit Denken, weil Zweifel unbequem sind und Verunsicherung auslösen. Aber kritische Zweifel sind auch ein dynamisches Element, sie vertiefen geistige Prozesse. Irgendwann kommt allerdings der Punkt, an dem der Zweifel seinen Stachel verliert und zur Zwangshaltung wird. Dann ist es heilsam, wenn der Glaube mit seinen paradoxen Zumutungen den Verstand herausfordert, neue Wege zu gehen.
Gebet
1.
Ganz anders bist du, Gott,
ganz anders, als ich glaubte.
Still bist du bei mir
und um mich
und nimmst meine Leere auf
in dein tiefes Schweigen.
Meine Angst und Verzweiflung
sind dir nicht fremd.
Sie trennen mich nicht von dir.
Und die alten Worte, die dich mir verstellen,
dürfen verlöschen wie Traumbilder am Morgen.
Du bist ganz anders, Gott,
und leise formt sich deine Stimme in mir,
die zu mir spricht: Steh auf und geh,
du hast einen weiten Weg vor dir.
(EKKW Agende I - Christian Trappe)
2.
Ich sehe Gott nicht von Angesicht zu Angesicht,
wie Mose ihn sah.
Aber ich bin glücklich,
dass Gott mich in meinem Elend sieht und mir hilft.
Ich höre die Stimme Christi nicht,
wie Paulus sie auf der Straße nach Damaskus hörte.
Aber ich bin glücklich,
dass Christus mein Gebet erhört.
Ich berühre den Leib Christi nicht,
wie Thomas ihn berührte.
Aber ich bin glücklich,
dass Christus meine Hände hält und mich führt.
Ich weiß nicht soviel vom Wirken des Heiligen Geistes,
wie die Heiligen es wissen.
Aber ich bin glücklich,
dass der Heilige Geist mein Herz bewegt,
Jesus Christus zu bezeugen
und meinen Nächsten zu lieben.
Ich verstehe nicht alle Geheimnisse der Dreieinigkeit,
wie Jesus sie verstand.
Aber ich bin glücklich,
dass Gott meinen armen Glauben versteht
und ihn annimmt.
Lieber Herr,
gib mir geistliche Augen,
all das zu sehen, was du getan hast.
Gib mir geistliche Ohren,
alles zu hören, was du mir sagst.
Gib mir das geistliche Gespür,
zu fühlen, wie weise du mich leitest.
Gib mir geistliche Erkenntnis,
deine Liebe und deine Gerechtigkeit zu begreifen.
Gib mir Geistlichkeit,
damit ich ein vollkommener Mensch werde.
(nach Johnson Gnanabaranam: Mein Jesus, mache mich neu. Erlangen 1986)
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