1. Sonntag nach Trinitatis
Vom Geist der Liebe
Die Sonntage nach Trinitatis überspannen die ganze Zeit des Sommer bis in den Herbst hinein. Weil diese Zeit früher stark von der Landarbeit bestimmt wurde, gibt es in ihr keine großen Festtraditionen. Eine gewisse Zäsur bildet allein der Johannistag (24.6.): die Sonntage vor Johannis lassen sich als Entfaltung der Pfingstmotivs verstehen; die Sonntage danach sind heute von der Urlaubssaison geprägt. (Gereist wurde in der warmen Jahreszeit aber schon immer, wie der Tag des Pilgerheiligen Jakobus am 15. Juli zeigt.)
Insgesamt aber sind die Trinitatissonntag thematisch nicht so sehr festgelegt. Dieser Freiraum eröffnet Möglichkeiten zur eigene Gestaltung des Sommers; z.B. lassen sich gut mehrwöchige Predigtreihen zu freien Themen durchführen.
Evangelium
Gleichnis vom reichen Mann und armen Lazarus (Lk 16,19-31)
Es war aber ein reicher Mann,
der kleidete sich in Purpur und kostbares Leinen
und lebte alle Tage herrlich und in Freuden.
Es war aber ein Armer mit Namen Lazarus,
der lag vor seiner Tür voll von Geschwüren
und begehrte, sich zu sättigen mit dem, was von des Reichen Tisch fiel;
dazu kamen auch die Hunde und leckten seine Geschwüre.
Es begab sich aber, dass der Arme starb,
und er wurde von den Engeln getragen in Abrahams Schoß.
Der Reiche aber starb auch und wurde begraben.
Als er nun in der Hölle war, hob er seine Augen auf in seiner Qual
und sah Abraham von ferne und Lazarus in seinem Schoß.
Und er rief: Vater Abraham, erbarme dich meiner und sende Lazarus,
damit er die Spitze seines Fingers ins Wasser tauche und mir die Zunge kühle;
denn ich leide Pein in diesen Flammen.
Abraham aber sprach:
Gedenke, Sohn, dass du dein Gutes empfangen hast in deinem Leben,
Lazarus dagegen hat Böses empfangen;
nun wird er hier getröstet, und du wirst gepeinigt.
Und überdies besteht zwischen uns und euch eine große Kluft,
dass niemand, der von hier zu euch hinüber will,
dorthin kommen kann und auch niemand von dort zu uns herüber.
Da sprach er: So bitte ich dich, Vater,
dass du ihn sendest in meines Vaters Haus;
denn ich habe noch fünf Brüder,
die soll er warnen, damit sie nicht auch kommen an diesen Ort der Qual.
Abraham sprach: Sie haben Mose und die Propheten; die sollen sie hören.
Er aber sprach: Nein, Vater Abraham,
sondern wenn einer von den Toten zu ihnen ginge, so würden sie Buße tun.
Er sprach zu ihm: Hören sie Mose und die Propheten nicht,
so werden sie sich auch nicht überzeugen lassen,
wenn jemand von den Toten auferstünde.
Gleichnis vom reichen Mann und dem armen Lazarus
Julius Schnorr von Carolsfeld 1860
Interpretation
"Liebe" ist das Thema des 1. Sonntags nach Trinitatis. Allerdings geht es nicht um die Liebe als ein Gefühl, das launischen Schwankungen unterworfen ist, sondern um die Liebe, die aus dem Glauben erwächst, aus der Einsicht in die innere Zusammengehörigkeit aller Dinge.
Solche Liebe tritt uns manchmal als Anspruch und Pflicht gegenüber; sie zwingt uns hinzugucken, wo wie lieber wegschauen möchten. Letztlich aber öffnet das Mitgefühl für andere uns für die Weite des Lebens.
Nur wer auch mit den bedrohlichen Seiten menschlicher Existenz, wie sie uns etwa in der Armut des Lazarus begegnet, umzugehen vermag, gelangt zu einer wahrhaft erlösten Lebenshaltung. Die Höllenqualen des Reichen, früher drastisch als ausgleichende Gerechtigkeit nach dem Tode verstanden, lassen sich heute eher als Spiegel seiner verborgenen Seelenwirklichkeit interpretieren.
Lied
So jemand spricht: "Ich liebe Gott" (EG 412)
1. So jemand spricht: "Ich liebe Gott",
und hasst doch seine Brüder,
der treibt mit Gottes Wahrheit Spott
und reißt sie ganz darnieder.
Gott ist die Lieb und will,
dass ich den Nächsten liebe gleich als mich.
2. Wer dieser Erde Güter hat
und sieht die Brüder leiden
und macht die Hungrigen nicht satt,
lässt Nackende nicht kleiden,
der ist ein Feind der ersten Pflicht
und hat die Liebe Gottes nicht.
3. Wer seines Nächsten Ehre schmäht
und gern sie schmähen höret,
sich freut, wenn sich sein Feind vergeht,
und nichts zum Besten kehret,
nicht dem Verleumder widerspricht,
der liebt auch seinen Bruder nicht.
4. Wir haben einen Gott und Herrn,
sind eines Leibes Glieder,
drum diene deinem Nächsten gern,
denn wir sind alle Brüder.
Gott schuf die Welt nicht bloß für mich,
mein Nächster ist sein Kind wie ich.
Kontext
Die vier Ausfahrten des späteren Buddha
Siddharta Gautama erhält eine standesgemäße Erziehung und führt ein luxuriöses Leben. Die Sinnlosigkeit dieses Daseins wird ihm bewusst, als er außerhalb seiner Gesellschaftsschicht den Schattenseiten menschlicher Existenz begegnet.
Siddhartha lässt sich heimlich durch das östliche Stadttor hinausfahren und trifft auf einen alten Greis. Das Alter hat ihn überwältigt, Kraft und Stärke sind dahin und die Sinne haben nachgelassen. Siddhartha ist überrascht, als er erfährt, dass es aller Menschen Schicksal ist, zu altern.
Bei seiner zweiten Ausfahrt geht Siddhartha durch das Südtor aus der Stadt, wo ihm ein kranker Mann begegnet. Er erkennt, dass aller Übermut trügerisch ist.
Das dritte Mal fährt Siddhartha zum westlichen Stadttor hinaus und trifft auf einen Leichenzug. Alle schreien und weinen. Er stellt fest:
"Elend ist ein Leben, das nicht ewig währt."
Bei seiner vierten Ausfahrt zieht Siddhartha zum nördlichen Tor hinaus und lernt einen Asketen kennen. Dessen Gelassenheit berührt ihn und er beschließt, den Palast zu verlassen und als Wandermönch in die "Hauslosigkeit" zu gehen. Die Suche nach Antwort auf die Fragen der menschlichen Existenz führt ihn auf den Weg zur Buddhaschaft.
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