Weihnachten - Zweiter Feiertag
Im Heiligenkalender ist der 26. Dezember St. Stephanus, dem ersten Märtyrer der Kirche gewidmet. Eine heute seltsam anmutende Tradition, die aber noch deutlich werden lässt, wie sehr in früherer Zeit die Heiligenverehrung mit den Hauptfesten konkurrieren konnte.
Die kirchliche Ordnung sieht für diesen Tag weihnachtliche Texte aus dem Johannesevangelium vor. Um den zweiten Feiertag nicht als Wiederholung des ersten zu gestalten, sondern ihm ein unverwechselbares Gepräge zu geben, laden wir in Lippoldberg zur Vesperstunde in die Klosterkirche zu einem abendlichen Ausklang des Weihnachtsfestes ein: dem Kindlwiegen.
Weihnachtliche Klosterkirche
Brauchtum
Kindlwiegen
Der Brauch des Kindleinwiegens ist im deutschen Sprachraum älter als die Tradition der Krippenspiele. Als Weihnachten noch kein Familienfest war, das man überwiegend zu Hause feiert, blieben die Menschen zwischen den Gottesdiensten der Heiligen Nacht in der Kirche zusammen. Man erzählten sich leise Geschichten und sangen Weihnachtslieder, Wiegenlieder. So als ob man Maria und Joseph beim Wiegen des Kindleins Gesellschaft leisten wollte.
Was man heute unter "Kindlwiegen" versteht, ist von Ort zu Ort verschieden. Aber überall es ist etwas Leises.
Christkindwiege um 1350
In Lippoldsberg lesen wir, eingehüllt von der dunklen Atmosphäre der Klosterkirche, Weihnachts-Legenden. Geschichten mit einem heiter-frommen Ton, wie ihn z.B. Karl Heinrich Waggerl meisterhaft zu treffen verstand.
Was diese Legenden über das Jesuskind erzählen, steht so nicht in der Bibel. Aber wenn die fromme Phantasie die Krippe umspielt, kann es geschehen, dass sie auf augenzwinkernde Weise der verborgenen Wahrheit des Weihnachtsfestes "entgegenstolpert".
Zwischen den Texten werden volkstümliche Weihnachtslieder gesungen, die z.T. aus Kindlwiegenliedern entstanden sind. Hausmusikalische Traditionen werden hier bewusst in den kirchlichen Raum übernommen, da laut Umfrage nur noch in 3% der Familien zuhause gesungen wird.
Brauchtum
Brezel
Am Ausgang gibt es eine Brezel. Die Form der Brezel wurde ursprünglich als Abendmahlsbrot entwickelt, wurde aber als Bildbrot auch mit der Krippe in Verbindung gebracht. Das schräge Kreuz über dem runden Schaukelfuß erinnert einfach an eine Krippe oder eine Wiege. Von daher wird auch verständlich, warum die Brezel zu den klassischen Formen der Weihnachtsbäckerei gehört.
Lied
Josef, lieber Josef mein
Josef, lieber Josef mein, hilf mir wieg´n mein Kindelein,
Gott, der wird dein Lohner sein im Himmelreich, der Jungfrau Sohn, Maria.
Gerne, liebe Muhme mein, hilf ich dir wiegn das Kindelein,
Gott, der wird mein Lohner sein im Himmelreich, der Jungfrau Kind, Maria.
Himmlisch Kind, o großer Gott, leidest in der Krippen Not.
Machst die Sünder frei vom Tod, du englisch Brot, das uns gebar Maria.
Alle Menschen sollen gar ganz in Freuden kommen dar,
dass ein jeder recht erfahr, den uns gebar die reine Magd Maria.
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