Heiligabend - Christvesper - Hirtenamt
Da nach antiker Rechnung die Tage mit dem Vorabend anfangen, beginnt das Weihnachtsfest am 24.12., dem "Heiligen Abend". Die Christvesper ist aus dem klösterlichen Abendgebet hervorgegangen und entsprechend dieser Tradition von Lesungen und Gesängen, weniger von einer Predigt geprägt.
Als derzeit besucherreichster Weihnachtsgottesdienst ist die Christvesper am ehesten ein Nachfolger des Hirtenamts. Das narrative Element herrscht vor, auch bei den Liedern. Das Entscheidende ist die Lesung der Weihnachtsgeschichte, die durch Lieder und Krippenspiel spannungsvoll gedehnt und intensiviert wird. In Lippoldsberg wird das Krippenspiel als eigener Gottesdienst für Familien mit kleineren Kindern am Nachmittag vorgezogen.
Evangelium
(Lk 2, 6-7)
Und als sie dort waren,
kam die Zeit, daß sie gebären sollte.
Und sie gebar ihren ersten Sohn
und wickelte ihn in Windeln
und legte ihn in eine Krippe;
denn sie hatten sonst keinen Raum
in der Herberge.
Interpretation
Weihnachtsikone
Lange bevor man begann, den gekreuzigten Christus abzubilden, gab es bereits Darstellungen von der Geburt Jesu. Die Weihnachtsikone zeigt, umrahmt von den übrigen Figurengruppen, im Mittelpunkt Maria. Hinter ihr tut sich der Stall als eine Höhle auf, wie es den historischen Gegebenheiten in Palästina wohl entspricht. Doch das tiefe Schwarz dieser Höhle hat etwas Bedrohliches. Das Kind liegt im steinernen Futtertrog wie in einem Sarkophag und die Windeln wirken fast wie Leichentücher. Den frühen Christen war es wichtig, bereits die Geburt Jesu mit seinem späteren Leidensweg zusammenzubringen. Wenn der Gottessohn in die engen Grenzen dieser Welt hinabsteigt, liegt darin bereits eine bewusste Zuwendung zum Leidvollen des menschlichen Lebens.
Brauchtum: Krippenspiel und Figurenkrippen
Vergleichbare Krippendarstellung
Klosterkirche Sucevita - Rumänien
Als Franziskus 1223 von den Leuten des Städtchens Greccio gebeten wurde, den Tag der Geburt Jesu mit ihnen zu begehen, sagte er zu einem Mann mit Namen Johannes, der in jener Gegend lebte:
"Wenn du wünschst, dass wir bei Greccio das bevorstehende Fest des Herrn feiern, so gehe eilends hin und richte sorgfältig her, was ich dir sage. Ich möchte nämlich das Gedächtnis an jenes Kind begehen, das in Bethlehem geboren wurde, und ich möchte die bittere Not, die es schon als kleines Kind zu leiden hatte, wie es in eine Krippe gelegt, an der Ochs und Esel standen, und wie es auf Heu gebettet wurde, so greifbar wie möglich mit leiblichen Augen schauen."
Es nahte aber der Tag der Freude, und aus Greccio wird gleichsam ein neues Bethlehem. Die Leute eilen herbei und werden bei dem neuen Geheimnis mit neuer Freude erfüllt. Der Wald erschallt von den Stimmen, und die Felsen hallen wieder von dem Jubel. (aus der Lebensbeschreibung des Franziskus von Thomas von Celano)
Die Weihnachtsfeier bei Greccio war die erste figürliche Krippendarstellung der Welt, ein lebendes Bild, dass die Armut Jesu unmittelbar erfahrbar machte und den Leuten von Greccio die Nähe Gottes inmitten ihrer armseligen Verhältnisse verkündete.
Weihnachtskrippe in der Klosterkirche
Mit der Armutsbewegung breitete sich auch die Idee der Krippenfiguren als ein Element volksnaher Weihnachtsfeiern aus, besonders in Italien und in der Alpenregion. Anfangs standen solche Figurenkrippen nur im öffentlichen Raum, in Kirchen als den Orten gemeinsamen Feierns.
Ab dem 16.Jh. kamen dann auch Hauskrippen auf, zunächst dem Adel vorbehalten, dann auch in wohlhabenderen Bürgerhäusern. Im Zuge dieser Entwicklung verschob sich der ursprüngliche Charakter der Darstellung. Nicht mehr die realistische Armut und Einfachheit stand im Mittelpunkt. Die Krippenszene wurde zu einem idealisierten Spiegelbild der um sie herum versammelten Familie: Vater, Mutter, Kind - als Hort von Geborgenheit inmitten der dunkel bedrohlichen Welt.
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