Halloween - Allerseelen - Totensonntag
Einleitung
Von einem kahlen Ast herab baumelt, klappernd im Herbstwind, das Skelett eines Erhängten. It´s schocking time in einem der Vororte von Washington DC. Die Amerikaner sind uns - wie immer - ein Stück voraus. Halloween ist dort längst mehr als ein herbstlicher Karneval für Kinder, die gruselig verkleidet mit ihrem dreisten "Trick or Treat" Süßigkeiten erbetteln oder sich mehr oder weniger harmlose Streiche erlauben.

Halloween - It's shocking time
Selbst biedere Familienväter, die sich früher damit begnügten, ihre Häuser mit Kürbisfratzen zu schmücken, überziehen jetzt ihre sonst so sorgsam gehüteten Blumenrabatten mit Spinnenweben und verwandeln ihren Gartenteich mit rotem Farbpulver in eine riesigen Blutlache.
Und natürlich lassen sich auch die Jugendlichen und jungen Erwachsenen diese Gelegenheit zur Provokation nicht entgehen. Inspiriert vom Hollywood-Horror, streifen sie mit blutigen Äxten, den Attrappen angehackter Gliedmaßen, Freddy-Krüger Masken oder als Zombies verkleidet um die Häuserblocks. Oder veranstalten illegale Friedhofs-Partys.
Dass die Grusel-Welle mittlerweile über den Atlantik geschwappt ist, ist ein schönes Beispiel für die McDonaldisierung unserer Gesellschaft. Denn der Fast-Food-Konzern hat tatsächlich einiges dazu beigetragen, dass der herbstliche Horror-Gag bei uns so beliebt wurde.
Aber auch andere Wirtschaftszweige sind längst auf den orange-schwarzen Zug aufgesprungen und haben mit einer Flut von Festartikeln in unglaublicher Schnelligkeit eine marktgerechte Halloween-Version bei uns eingebürgert.

Halloween - Nacht
Nachdem z.B. Berliner Geschäfte im Jahr 2001 eine 300%ige Umsatzsteigerung von Halloween-Utensilien verzeichneten, ist der Geistertag für die Wirtschaft zum drittwichtigsten Fest des Jahres geworden. Mit großer Selbstverständlichkeit wurde der neue Termin auch in die Pläne von Schulen und Kindergärten integriert. Und sogar Vereine in entlegenen Dörfern laden mittlerweile in der Halloween - Nacht ein zur Vampir-Disco mit Schocktails.
Natürlich ruft dieser Boom auch Widerstände auf den Plan. Während einige Stimmen genervt fragen, ob man denn wirklich jeden amerikanischen Klamauk nachahmen muss, lehnen manche Christenmenschen das Fest ab, sei es weil sie in der neuen Mode einen Angriff auf die christliche Kultur des Abendlandes sehen oder weil sie die Möglichkeit wittern, wieder einmal kirchliches Profil zu zeigen. Denn Halloween sei ein heidnischen Fest, so mutmaßen sie, und wissen zu berichten, dass früher in dieser Nacht finstere Opferrituale durchgeführt wurden. Und so ist schnell der Bogen zum Satanismus geschlagen.

Gothic - Szene
Tatsächlich wird Halloween von einigen Vertretern der "schwarzen Szene" oder der sogenannten "neuen Hexen" für sich vereinnahmt. Sie finden sich dabei bisweilen in einer seltsamen Allianz mit manchen der christlichen Fundamentalisten: Hemmungslos tragen sie ihre Phantasmagorien in eine vermeintlich historische Festgestalt ein.
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