Kunsthistorische Einordnung der Klosterkirche
II Erscheinung des Außenbaus
von Christina Müther, Kunsthistorikerin M.A.
1. Westwand
Die Klosterkirche St. Maria und Georg zu Lippoldsberg wurde als kreuzförmige Basilika im quadratisch gebundenen System aus graubraunem Sollingsandstein erbaut. Der unverputzte Außenbau zeigt die Errichtung in abwechselnd breiten, horizontalen Steinlagen. Die Gebäudekanten sind durch sorgfältig behauene Quader grauer Färbung hervorgehoben.
Die Westfassade wird aus einem risalitartig vorspringenden Mittelteil und zwei seitlichen Turmbauten gebildet. Der gedrungene Südturm trägt eine barocke Haube, während sein nördliches Pendant heute mit dem Mittelbau unter einem gemeinsamen Dach endet. Im Dreißigjährigen Krieg soll die Doppelturmfront beschädigt worden sein, so daß nur der Südturm erhalten blieb. 1722 erhielt er durch den Ingenieur Friedrich Conradi seine Welsche Haube, wofür der Turm um 14 Fuß aufgestockt werden mußte.
Klosterkirche Lippoldsberg - Westfassade
Eine zentrierte Rundbogentür führt in den aus grauen Werksteinquadern gemauerten Bereich des Risalits und wird von zwei Rundbogenfenstern flankiert. Der Gandersheimer Sockel endet hier in einer kapselförmigen Abarbeitung, nach Norden setzt ein einfacher Sockel aus Platte und Schräge ein. Auf der Kirchennordseite fehlt der Sockel aufgrund mehrerer Trockenlegungen der Kirche in den Jahren 1903, 1929 und 1934 ganz.
Ein prachtvolles Portal, um das das Gandersheimer Profil herumführt, ist in die Westwand des Südturms gesetzt. Es fungierte vielleicht als Haupteingang der Kirche, da es wohl nicht möglich war, einen zentralen Haupteingang (wie es das sonst übliche Symmetriebestreben verlangte) in die Westfassade zu setzen. Evtl. war hier ein Vorbau angesetzt, so z. B. eine Vorhalle, wie sie von Schmidt bereits rekonstruiert worden war. Eine Funktion als Stifterportal wird ebenso erwogen.
Klosterkirche Lippoldsberg
Westliche Turmtür
Alle Fenster und Portale greifen den romanischen Rundbogen auf. Einzig ein zwischen 1303 und 1312 eingesetztes Westfenster besaß gotische Formen, wovon heute noch die Kontur seines Spitzbogens zeugt, der um das im Jahre 1876 reromanisierte Westfenster herumführt. Schlitzartige Fenster beleuchten die einzelnen Geschosse der Türme. Schlichte Horizontalgesimse zieren die Westfassade, der profilierte Sockel ist der einzige Außenschmuck.
Zwei Gemarkungskarten von J. G. Faber aus dem Jahr 1714 zeugen von einem Gebäude, das direkt an die Westwand des Südturms grenzte und um 1507 für die Priorin und Gäste des Klosters errichtet worden war.
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