Die Geschichte der Klosterkirche Lippoldsberg
9. Das Kloster als Wirtschaftsunternehmen
Doch bleiben wir noch einen Moment bei der ökonomischen Situation des Klosters, denn ein solcher Kirchenneubau ebenso wie die Erneuerung der Klostergebäude kosteten auch damals schon eine Menge Geld.
Wie bereits erwähnt, entrichteten die dem Kloster beigeordneten Gemeinden den Kirchenzehnt an das Kloster. Die eintretenden Frauen brachten ihre Aussteuer ins Kloster ein. Ihre Familien, aber auch andere adlige Familien machten Schenkungen an das Kloster, zumeist um Jüngstverstorbenen die Fürbitte der Nonnen zu sichern und so - wie man damals allgemein glaubte - ihre Zeit im Fegefeuer zu verkürzen. Von Spenden an das Kloster glaubte man ebenfalls, dass sie beim Jüngsten Gericht für den Spender positiv zu Buche schlagen würden.
Die konstanteste Einnahmequelle des Klosters waren jedoch die Einkünfte aus Grund und Boden. Der Besitz des Klosters Lippoldsberg reichte vom thüringischen bis nach Eltville am Rhein. Schwerpunktmäßig lagen die Äcker, aber auch die untergeordneten Kirchlein und Gemeinden um Lippoldsberg herum, im Dreieck mit Adelebsen, Dransfeld und Einbeck, an der Werra und bei Mühlhausen in Thüringen.
Die Abgaben - der Zehnt als auch die Pacht - wurden zumeist in Naturalien geleistet und mit Schiff über die Weser oder - was weit aus gefährlicher war - mit Fuhrwerken angeliefert. Diese Abgaben - es wird sich zumeist um Getreide, Gemüse und Kleinvieh gehandelt haben - erforderten vom Kloster große Scheunen zur Lagerung, eine Mühle zur Weiterverarbeitung und ein Backhaus, sowie Stallungen und Knechte die sich all dieser Aufgaben annahmen.
Das ganze vermittelt das Bild eines großen Landwirtschaftshofes mit einer eigenen Hierarchie. Zumeist arbeiteten hier Knechte gegen Unterkunft und Logis und waren dem Hofmeister des Klosters unterstellt.
Die Freisassen, die auf gepachtetem Klosterland lebten und ihre Höfe hatten, schuldeten dem Kloster zumeist Hand - und Spanndienste, wurden also bei Bedarf zum Beispiel während der Ernte oder beim Bau der Klosterkirche vom Kloster zur Arbeit gerufen.
Der weltliche Arm des Klosters, derjenige der also die Abgaben und Arbeitsleistungen einforderte war der Vogt. Bei ihm handelte es sich zumeist um einen benachbarten adligen Laien, der die weltlichen Interessen des Klosters vertreten sollte. Oft genug kollidierten aber die Interessen des benachbarten Großgrundbesitzers mit denen des Klosters, zumal dieses den Vogt auch für seine Dienste entlohnen sollte.
Die Spannungen waren vorprogrammiert und auch zahlreich, wie die Klagen nicht nur des Lippoldsberger Klosters beim Erzbischof, König und sogar Kaiser belegen. In den ersten hundert Jahren der Existenz des Klosters zu Lippoldsberg lag das Vogteirecht bei den Grafen von Northeim.
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