Die Geschichte der Klosterkirche Lippoldsberg
11. Lippoldsberger Geistesleben - Spurensuche in der Bibliothek
Wie umfassend diese Bibliothek des Lippoldsberger Klosters war, zeigt die an das Lippoldsberger Chronicon angehängte Bestandsliste. Hier wurden alle Bände nach Themen sortiert und wenn soweit vorhanden mit Titel, der Anfangszeile und dem Autor aufgeführt.
Dieser "Catalogus bibliothecae Lippoldesbergensis" vermittelt einen Eindruck der Geisteswelt des 12. Jahrhunderts. Er zeigt aber auch die Verbundenheit des Probstes und der Nonnen mit den geistigen, philosophischen und theologischen Strömungen ihrer Zeit.
Neben den Bibelauslegungen der Kirchenväter und dem Werk Ciceros über die Redekunst wies die Bibliothek eine Vielzahl der Schriften von Rupert von Deutz, dem modernsten Benediktinertheologen des 12. Jahrhunderts auf.
Auch die Handschrift Propst Gunthers bei der Zusammenstellung der Bücher ist deutlich an den 13 Werken des vermutlich aus der Gegend von Hamersleben stammenden und führenden Denkers der Augustinerchorherren, Hugo von St. Victor, zu erkennen.
Hervorragende Persönlichkeiten wie Bernhard von Clairvaux waren mit Handschriften in der Lippoldsberger Bibliothek vertreten und auch von der Mystikerin Hildegard von Bingen fand sich ein Schriftwechsel.
Viele dieser Werke sind in oder für Lippoldsberg kopiert worden.
Leider kann die Schilderung der beeindruckenden Bibliothek des Lippoldsberger Klosters nur in der Vergangenheitsform erfolgen, da sich bis auf den heutigen Tag nur eben jene Bestandsliste erhalten hat. Von der Bibliothek und ihren Büchern fehlt jede Spur.
Hardehäuser Evangeliar
Etwas anders verhält es sich hingegen mit dem so genannten "Helmarshäuser Evangeliar". Es bestand aus 14 illuminierten Blättern die die 4 Evangelien zum Inhalt hatten, war reich verziert und gab einen Eindruck des Reichtums wieder, die der Besitz solcher Werke für Klöster bedeutete. Diese Schrift ist, wie das berühmte Evangeliar Heinrich des Löwen, zwischen 1150 -1170 im Kloster Helmarshausen entstanden.
Doch welche Verbindung besteht zwischen diesem Evangeliar und dem Kloster Lippoldsberg? Das prachtvolle Evangeliar ziert ein sogenanntes Dedikationsbild, eine gemalte Widmung, könnte man sagen.
Hier wurde nun die Übergabe des Buches an eine Priorin umgeben von Benediktinerinnen dargestellt. Das ganze Motiv steht unter dem Schutze des Heiligen Georg, der seit der Kirchengründung nach dem Gelübde des Erzbischofs Siegfried der Patron der Lippoldsberger Kirche war. Als zweite Schutzpatronin fungiert daneben seit der Gründung des Nonnenklosters bezeichnenderweise Maria.
Das Patronat Georgs jedoch ist bei einem Benediktinerinnenkloster so selten, dass die Widmung für Lippoldsberg eindeutig zu sein scheint.
Leider existieren von dem Dedikationsbild und den anderen Darstellungen des Hardehäuser Evangeliars nur noch eine ausführliche Beschreibung und schlechte schwarz - weiß Fotos. Das kostbare Buch, das sich seit 1733 im Besitz der Kasseler Landesbibliothek befand, wurde im Zweiten Weltkrieg zum Schutz gegen Bombenangriffe ausgelagert und verschwand 1945.
Aber dank der Beschreibung und der Bibliotheksliste können wir uns ein Bild von der Tätigkeit der Lippoldsberger Nonnen und dem Reichtum ihrer Bibliothek machen.
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