Nikolaus
Heiliger zwischen Kult und Klamauk - 3
In neun Kapiteln geht Christian Trappe der Frage nach, wie sich die Nikolaus-Legende entwickelt und erhalten hat.
- Einführung - Wer war Nikolaus
- Die Stratelaten-Legende
- Brot für Myra
- Entfaltung der Legenden und Bräuche
- Die Scholarenlegende
- Die Anfänge des Spiels im Mittelalter: das Kinderbischofsspiel
- Die Entwicklung der Beschertraditionen zu Nikolaus
- Knecht Ruprecht und Weihnachtsmann
- Resümee
Brot für Myra

Es wird erzählt, dass einmal in der Stadt Myra große Not herrschte. Das Jahr über hatte es zuviel geregnet, und die ganze Ernte war verdorben. So konnten die Bauern kein Getreide dreschen, die Müller kein Mehl mahlen und die Bäcker kein Brot backen. Die Geschäfte waren ganz leer. Und die Kinder weinten vor Hunger.
Gott hat uns verlassen, sagten die Menschen. Bischof Nikolaus versuchte, sie zu trösteten, und betete mit ihnen. Aber Brot hatte auch er nicht.
Eines Tages legte im Hafen ein Schiff aus Ägypten an, das Getreide geladen hatte. Schnell hatte sich diese Neuigkeit herumgesprochen und die Menschen liefen am Kai zusammen, um Korn zu kaufen. Sie wollten sogar sehr viel dafür bezahlen. Doch die Seeleute waren nicht bereit ihnen etwas zu geben, weil die Ladung für den Kaiser bestimmt war.
Da ging der Bischof Nikolaus selbst zu den Seeleuten. "Helft doch den armen Menschen!", bat er inständig. "Und was sagen wir den Leuten des Kaisers?" entgegnete der Schiffsführer. "Sie werden uns bestrafen, wenn etwas fehlt." "Das soll nicht eure Sorge sein. Schiebt alles auf mich, wenn ihr Ärger bekommt. Habt keine Angst." Weil der Bischof so überzeugend sprach, gaben sie ihm schließlich nach.
Sie schleppten Kornsäcke vom Schiff herunter; und der Bischof sorgte dafür, dass das Mehl gerecht unter die Menschen verteilt wurde. Alle aßen und wurden satt. Das Schiff aber fuhr weiter nach Konstantinopel. Und als dort die Ladung gelöscht wurde, stellten die Seeleute verwundert fest, dass nicht ein einziges Korn fehlte.
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